Andreas Eich, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2015 :

"Maniplation von topologischen Randzuständen"


"Manipulation of Topological Edge States "


Der Volltext wurde als Buch/Online-Dokument (ISBN 978-3-7369-9048-7) im Cuvillier Verlag Göttingen veröffentlicht.

Summary

Kurzfassung

Der Begriff topologischer Isolator (TI) beschreibt eine kürzlich entdeckte, neue Materialklasse. TIs verfügen über spinpolarisierte, topologisch geschützte Randzustände (TRZ), die grundsätzlich in den Bereichen der Spintronik und der Quanteninformationsverarbeitung eine Anwendung finden könnten. Bevor TIs allerdings für Anwendungen genutzt werden können, müssen die Natur und die Konsequenzen des topologischen Schutzes der TRZ genauer verstanden werden, die Wechselwirkung der TRZ mit ihrer Umgebung muss untersucht werden, und es müssen Methoden entwickelt werden, die eine Anpassung der spezifischen Eigenschaften der TRZ an einen bestimmten Zweck ermöglichen. In der vorliegenden Doktorarbeit werden daher die Auswirkungen von Störungen bzw. von gezielten Manipulationen der Struktur von TIs auf die TRZ untersucht. Die Topographie der verwendeten Proben wurde mittels Rastertunnelmikroskopie (RTM) untersucht. Die Eigenschaften der elektronischen Bänder wurden mit Rastertunnelspektroskopie (RTS), Photoelektronenspektroskopie (XPS und ARPES) und theoretischen Berechnungen basierend auf der Dichtefunktionaltheorie untersucht. Das Mikroskop, das für die RTM- und RTS-Messungen verwendet wurde, ist von mir in der ersten Hälfte meiner Doktorandenzeit gebaut worden. Am Beispiel von TlBiSe2 wurde die Reaktion der Randzustände auf eine Störung der Oberflächenstruktur untersucht. Bei der Präparation der Probe wird die oberste atomare Lage auseinandergerissen. Die zurückbleibenden Atome (Tl) rekristallisieren, ohne eine geschlossene Lage bilden zu können. Diese Störung der Oberflächensymmetrie zerstört die zu erwartenden trivialen Oberflächenzustände, während die TRZ überleben, indem sie unter der Oberfläche relokalisieren. Diese Verlagerung ist Beweis für den topologischen Schutz der Randzustände gegenüber Störungen. Am Beispiel von PbBi4Te7 wurde eine mögliche Art der Manipulation des TRZ untersucht. PbBi4Te7 entspricht in seiner kristallinen Struktur größtenteils dem bekannten TI Bi 2 Se 3. Allerdings ist jede zweite Quintuple-Lage um eine zusätzliche Pb und Te Lage ergänzt. Es wird gezeigt, dass trotz der Variation der kristallinen Struktur auch PbBi4Te7 ein TI ist. Die topologische Klasse sowie die weiteren untersuchten Eigenschaften des TRZ stimmen mit theoretischen Vorhersagen überein. Die Übereinstimmung von Theorie und Experiment lässt vermuten, dass auch bei Variation mit weiteren Elementen der 4. Hauptgruppe die topologische Natur von binären Chalcogeniden wie Bi2Te3 und Bi2Se3 erhalten bleibt, so wie es in der gleichen theoretischen Studie vorausgesagt wurde. Des Weiteren wurde eine zusätzliche Manipulationsart entwickelt, die Atomen mit magnetischem Moment erlaubt, in der Nähe des TRZ zu lokalisieren, ohne die ursprüngliche elektronische Struktur des TIs durch weitere Dotierungseffekte zu beeinflussen. Dazu wurden zuerst Fe Atome auf die Oberfläche von Bi2Se3 aufgedampft und dann durch Erhitzen in die erste Quintuple-Lage eingebaut. Die Fe Atome substituieren Atome der ersten und zweiten Bi Lage. Der Substitutionstyp kann durch die beim Erhitzen verwendete Temperatur beeinflusst werden. Durch das Einbauen der Fe Atome in das Substrat wird eine Elektronendotierung verhindert, wie sie typischerweise für aufgedampfte Atome auftritt. Schließlich wurde der TRZ eines hybriden TI-Systems untersucht. Dazu wurde eine Bi-Doppellage auf Bi2Se3 gewachsen. Mithilfe Fourier-transformierter RTS-Bilder konnte nachgewiesen werden, dass der TRZ des Substrats an die neue Oberfläche des Hybridsystems wandert. Basierend auf diesen Bildern wurde auch die Streuung zwischen dem TRZ und anderen Oberflächenzuständen untersucht. Die lineare Dispersion der ausgelesenen Streuvektoren indiziert eine erhöhte Isolation des TRZ von den Volumenzuständen des Substrats. Des Weiteren konnte durch Berechnungen gezeigt werden, dass die elektronische Struktur der Doppellage trotz Hybridisierung mit dem Substrat soweit erhalten bleibt, dass an den Rändern der Doppellage ein 1D TRZ zu finden sein sollte.

Titel

Kurzfassung

Summary

Topological insulators (TIs) are a recently discovered class of materials. Their topologically protected edge states (TES) promise breakthroughs in the fields of spintronics and quantum computation. Before TIs can be utilized, it is necessary to understand the consequences of topological protection, analyze the interaction of TES with its environment and develop methods for customization. This thesis contributes to all three areas by investigating the TES behavior in presence of perturbations, targeted manipulation as well as disorder. The presented samples were characterized in real space using scanning tunneling microscopy (STM). Properties of electron bands were investigated using scanning tunneling spectroscopy (STS), photoelectron spectroscopy and density functional theory. STM and STS were performed with a microscope built during the first part of my Ph.D. On TlBiSe2, the TES response to surface disorder is investigated. An incomplete recrystallized Tl layer terminating the crystal annihilates trivial surface states, while the TES survives by shifting into the bulk. This unique behavior is a direct consequence of the topological nature of the TES and provides proof of enhanced protection. By characterizing PbBi4Te7 one possible method of customization is investigated. Here, the prototypical TI Bi2Te3 is modified by adding one layer of Pb and Te to every second quintuple layer. The resulting material remains a topological insulator and exhibits the predicted changes. The ratification of the theoretical predictions demonstrates that the implementation of group IV elements can be used to change shape and isolation of the TES of binary chalcogenides, such as Bi2Te3 and Bi2Se3. Furthermore, a method for introducing magnetic moments to the vicinity of the TES is developed that avoids any secondary doping effects. Deposited Fe atoms are incorporated into a Bi2Se3 surface quintuple layer via annealing. The Fe atoms substitute atoms in the first and second Bi layer. The substitution type is controlled by the annealing temperature. The incorporation cancels the doping effect typical of as deposited material, while the magnetic moment of Fe atoms is preserved. Finally, the TESs of the hybrid TI Bi-bilayer on Bi2Se3 are investigated. The system is fabricated by growing one Bi-bilayer on a Bi2Se3 bulk crystal. An analysis of Fourier transformed STS maps confirms the vertical shift of the Bi2Se3 TES towards the new surface. The interaction of the TES with Bi-bilayer states is revealed by mapping the scattering vectors (q-vectors). The linearity of the q-vector bands confirms the enhanced isolation of the TES from bulk states. Furthermore, the integrity of the bilayer states seems sufficiently preserved to host a 1D TES, which so far has only been predicted for freestanding bilayers.